Urlaub zum Schnäppchenpreis: Was gilt bei Preisfehlern (sog. „Error Fares“) im Rahmen von Flugreisebuchungen im Internet?

Wer im Internet seine Flugreise bucht, kann unter Umständen bares Geld sparen und eine Traumreise zum Schnäppchenpreis ergattern. Bei Anbietern von Flugreisen kommt es in regelmäßigen Abständen aufgrund von Eingabe- oder Übertragungsfehlern zu Ziffer- und Buchungsfehlern (sog. „Error Fares“), sodass Reisen für kurze Zeit zu Bruchteilen des angedachten Preises gebucht werden können. So kann etwa durch das fehlerbedingte Einfügen eines Kommas ein Flug nach Sydney, der ursprünglich beispielsweise 999 Euro gekostet hätte, für nur noch 9,99 Euro im Internet zu buchen sein. Die Verlockung, in solchen Fällen sofort zuzuschlagen, ist groß. Doch wie gestaltet sich bei solchen „Error Fares“ denn im Ergebnis die Rechtslage? Hat man tatsächlich einen Rechtsanspruch auf Antritt einer auf diese Weise gebuchten Reise oder ist der Anbieter bei Vorliegen eines Error Fare nicht an die Durchführung gebunden?

Wie kommt ein wirksamer Vertrag über eine Flugreise im Internet zustande?

Die Grundlage des Anspruchs auf Durchführung einer Flugreise zu einem bestimmten Preis ist ein wirksam zustande gekommener Reisevertrag zwischen dem Fluggast und dem entsprechenden Reiseunternehmen. Wie jeder Vertrag setzt er zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus, ein Angebot und eine Annahme.

Auf den ersten Blick könnte man bei „Angeboten“ auf den Webseiten von Flugreiseanbietern davon ausgehen, dass diese auch Angebote im juristischen Sinne darstellen. Allerdings stellt die einzelne Flugpräsentation im Internet noch kein „Angebot“ dar, damit Reiseveranstalter sicherstellen können, dass die Kapazitäten für die angepriesenen Reisen auf ihrem Internetportal noch nicht ausgeschöpft sind und keine Person die tatsächlich nicht mehr verfügbare Reise bucht.

Erst durch die Bestellung des Kunden wird daher ein Angebot im juristischen Sinne abgegeben. Eine Annahme des in dieser Form abgegebenen Angebots erfolgt regelmäßig durch eine „Bestätigung“ seitens des Unternehmens in Form einer E-Mail. Allerdings liegt regelmäßig nicht bereits in der Buchungsbestätigung per E-Mail die Annahme des Vertrags, da der Reiseveranstalter hierzu bereits kraft Gesetzes verpflichtet ist. Erst in einer weitergehenden Auftragsbestätigung oder Übersendung von beispielsweise eTickets ist die Annahme der Buchung des Kunden und damit zunächst einmal ein wirksamer Vertrag über den ausgewählten Flug zu sehen. Erfolgt jedoch bereits keine solche „Annahme“, besteht mangels vertraglicher Grundlage schon kein Anspruch auf die Inanspruchnahme des Flugs zum gewünschten Schnäppchenpreis.

Fällt dem Reiseveranstalter der Fehler auf und bestätigt er die Buchung zu einem höheren Preis, ist auch kein Reisevertrag über den Schnäppchenpreis zustandegekommen. Vielmehr stellt die Flugreise zum höheren Preis ein neues Angebot des Reiseveranstalters dar. Nun liegt es am Buchenden, dieses wiederum zu bestätigen, um einen Vertrag zum gegebenenfalls höheren Preis abzuschließen oder eben abzulehnen. Eine Annahme kann neben einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem Reiseunternehmen dabei auch durch schlüssiges Handeln erfolgen, indem der geforderte höhere Preis überwiesen wird. Bei Verbrauchern gilt jedoch auch, dass ein Nichtstun bzw. Schweigen nicht als Annahme anzusehen ist – durch reines Nichtstun kommt also kein Vertrag zustande!

Gebuchte Flugreise zum Schnäppchenpreis – Ist die Buchung für mich sicher?

Die günstige Flugreise ist gebucht, das Flugunternehmen hat die Buchung auch bestätigt. Wer sich nun allerdings ans Koffer packen macht und bereits das Taxi zum Flughafen bucht, dem ist Zurückhaltung anzuraten. Das Flugunternehmen hat nämlich in der Regel bei einem „Error Fare“ auch die Möglichkeit, sich noch nachträglich von dem zuvor geschlossenen Vertrag zu lösen.

Möglichkeit der Anfechtung durch den Reiseveranstalter

So besteht die Möglichkeit, die Auftragsbestätigung als zum Vertragsschluss führende Willenserklärung nachträglich anzufechten. Eine solche Anfechtung setzt jedoch einen Anfechtungsgrund und die Einhaltung einer vom Anfechtungsgrund abhängigen Frist voraus. 

„Error Fares“ können Reiseveranstalter zur Anfechtung berechtigen

Bei „Error Fares“ als Eingabe-, Verarbeitungs- oder Übertragungsfehler im System ist das Flugunternehmen zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB berechtigt, wenn dieser Irrtum einem Verschreiben bzw. Versprechen gleichsteht. Dies ist in etwa der Fall, wenn der Preis versehentlich falsch vom Reiseveranstalter eingetippt wurde oder durch Übertragung im System ein Fehler im Endpreis entsteht. In diesem Fall liegt ein sogenannter Erklärungsirrtum vor, welcher dem Unternehmen eine Anfechtung ermöglicht.

Davon zu unterscheiden ist jedoch der Kalkulationsirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Ein solcher liegt etwa vor, wenn sich der Anbieter bei Berechnung des Flugpreises über die Höhe von ihm entstehenden Kosten oder den erzielbaren Gewinn irrt. Da ein solcher Irrtum alleine dem Rechtskreis des Flugunternehmens zuzurechnen ist, berechtigt er nicht zur Anfechtung. Doch auch hier ist zu beachten: in wenigen Ausnahmefällen kann es jedenfalls dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Kunde erkennen musste, dass der angegebene Preis in einem völlig unangemessenen Verhältnis zu einem realistischen Preis für den Flug steht.

Wann dieses Verhältnis als „unangemessen“ anzusehen ist, ist jedoch von Fall zu Fall zu entscheiden und kann nicht pauschal beantwortet werden. Bei einem Flugpreis von beispielsweise 9,99 Euro für eine Reise nach Sydney, der in keinerlei Verhältnis zu den entstehenden Flugkosten und einem realistischen Preis für den Flug steht, könnte von einer „Unangemessenheit“ auszugehen sein. In diesem Falle könnte also keine Durchführung der Flugreise verlangt werden. Ob ein solches unangemessenes Verhältnis vorliegt, ist jedoch stets vom Einzelfall abhängig.

Liegt ein Erklärungsirrtum vor, muss der Reiseveranstalter gegenüber dem Kunden eindeutig erklären, dass er an dem Vertrag wegen Vorliegen eines Willensmangels nicht länger festhalten möchte. So kann auch eine „Stornierung“ eine gültige Anfechtungserklärung darstellen, wenn aus ihr ausreichend genug zum Ausdruck kommt, dass der Erklärende nicht am Vertrag festhalten möchte und dem Kunden diese Erklärung auch zugeht.

Schnelles Handeln des Reiseveranstalters erforderlich

Diese Erklärung muss dem Fluggast gegenüber jedoch ohne schuldhaftes Zögern,
also unverzüglich ab Kenntniserlangung von dem Irrtum, erfolgen. Dies kann insbesondere fraglich sein, wenn das Ticket bereits ausgestellt worden ist. Doch auch in solchen Fällen kann es aufgrund automatisierter Vorgänge bei der Bearbeitung der Buchung durchaus möglich sein, dass der Flugveranstalter erst nach Zusendung des Tickets von seinem Irrtum erfährt und dann noch rechtzeitig anficht.

Rechtsfolgen Folgen einer wirksamen Anfechtung des Reisevertrags bei Error Fares

Wird eine Flugreise wirksam angefochten, gilt der Vertrag als von Anfang an nichtig. Der Kunde kann dann keinerlei vertragliche Ansprüche geltend machen. Ihm bleibt jedoch die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche nach § 122 BGB geltend zu machen. Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt allerdings voraus, dass dem Fluggast ein Schaden dadurch entstanden ist, dass er auf die Richtigkeit der Annahme des Reiseveranstalters zum fehlerhaften Preis vertrauen durfte. Auch hier ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob ein solcher Vertrauenstatbestand durch den Reiseveranstalter gesetzt wrude. So kommen z.B. Stornierungskosten für ein Hotel oder Ersatz der Kosten für die vergebliche Anschaffung eines Visums als ersatzfähige Schadensposten im Rahmen der Anfechtung wegen eines „Error Fare“ in Betracht. Im Falle einer bereits erfolgten Zahlung ist dem Fluggast darüber hinaus der entsprechende Betrag zurückzuerstatten.

Ist ein Downgrading durch den Reiseveranstalter bei Preisfehlern möglich?

Greift der Reiseveranstalter den mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrag nicht an, bleibt diesem jedoch noch die Möglichkeit, eine Herabstufung (sog. „Downgrade“) des Kunden in eine niedrigere Beförderungsklasse vorzunehmen. War das „Error Fare“-Ticket beispielsweise für die Business Class gebucht, kann der Reiseveranstalter einen Downgrade auf die Economy Class vornehmen. Allerdings ist der Reiseveranstalter in diesem Fall verpflichtet, eine Rückerstattung des Ticketpreises in Höhe von 30%, 50% oder 75% vorzunehmen, je nachdem, welche Flugdistanz gebucht war.

Bislang ungeklärt in der Rechtsprechung ist jedoch die Frage, auf welchen Preis sich diese Rückerstattung bezieht – auf den Original-Ticketpreis oder den Preis, welchen der Kunde als Ticketpreis für das Error-Fare auch tatsächlich nur bezahlt hat.

Fazit

Wer auf herausragende Schnäppchen bei der Reisebuchung infolge von Error Fares stößt, sollte sich also nie zu früh freuen. Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Fluggesellschaft aus Kulanz ein Auge zudrückt, bei großen Preisunterschieden wird jedoch regelmäßig eine Anfechtung des Vertragsschlusses erfolgen, sodass kein Anspruch des Fluggasts auf Durchführung bestehen wird. Allerdings können dann im Einzelfall Schadensersatzansprüche des Verbrauchers in Betracht kommen.

RA Sebastian Ehrhardt, Oktober 2015

[Sebastian Ehrhardt]